Vintagedesign hält in Wien Einzug
Vintagedesign, wörtlich übersetzt „altmodisches Design“, ist nur eine unzureichende Bezeichnung für das, was man wieder verstärkt in Wien beobachten kann. Shabby Chic, „heruntergekommene Mode“, trifft ebensowenig. Retro ist ein dritter Begriff. Oder sollte einfach „Flohmarkt“ gerufen werden? Das, was dort zu finden ist, ist nicht die schlechteste Umschreibung für das, was der Eingeweihte unter Vintagedesign oder Shabby Chic versteht.
Ein Sammelsurium von Stilrichtungen kann da zusammenkommen. Trotzdem muss das Ganze nicht ohne Geschmack sein: Auffallen durch Unauffälligkeit – könnte das nicht hilfreich sein, um sich aus dem Durchschnitt herauszuheben, um etwas Besonderes zu bieten?
Wer mit offenen Augen durch Wien streift, findet Beispiele. So etwa das Hotel Daniel, bewusst kein Sternehotel, dafür aber mit einem Kunstwerk von Erwin Wurm auf dem Dach. Auch die Inneneinrichtung darf da nicht nachstehen. Ein Möbelstück aus der Biedermeierzeit dient als Hollywoodschaukel. Die Werkbank, die bei der Renovierung der Räumlichkeiten dem Installateur zum Abhängen der Rohre diente, ist jetzt Podest gleich beim Eingang in den Daniel Shop. Da passt es auch dazu, Wände roh und unbehandelt zu lassen.
Oder ein anderes Beispiel, das „Le Troquet“, das der ehemalige Sozialarbeiter und jetzige Kunstfotograf Alain Asso zusammen mit Alexandre Fedorenko eröffnet und mit dem er sich einen Traum verwirklicht hat. Den Feinschliff bei der Gestaltung übernehmen die Gäste: Sie hinterlassen ihre Spuren, und diese werden bewusst erhalten. Natürlich musste auch improvisiert werden, die Tische beispielsweise kamen erst kurz vor der Eröffnung aus dem Keller eines anderen Lokals. Und vieles der Einrichtung stammt aus Antiquitäten- oder Altwarengeschäften, die drei Bauhauslampen etwa aus dem Jahr 1925 oder die Sitzgelegenheiten für die Gäste.
Altes und Neues, Original und Fälschung, bewusstes Design und zufällige Auswahl, das alles zusammen macht das Flair aus, das so bewusst mit Altem geschaffen wird und manchem wieder zu Geltung verhilft, was sonst in Vergessenheit geraten würde. Damit lässt sich eine Gemütlichkeit erreichen, die mit sterilem Neuem längst nicht zu schaffen ist. Die Kunden wissen es zu schätzen und kommen gerne. Doch nicht nur für öffentliche Orte ist der Stil passend, auch Wohnungen lassen sich so gestalten. Lust bekommen? Einfach durch Wien streifen und sich inspirieren lassen…